Wirtschaftsblatt-Leitartikeln von Alexander Hahn
Der Markt für Papiergold ist die Achillesferse des Edelmetalls
Wien (OTS) - Nach dem brutalen Absturz des Goldpreises fragen sich
nicht nur Börsianer, ob der vermeintlich sichere Hafen zur Falle
geworden ist. Zumindest für physisches Gold gibt es eine eindeutige
Antwort: nein. Münzen, Barren oder Schmuck sind grundsätzlich nicht
zur Spekulation geeignet, sondern vielmehr eine Versicherungspolizze
mit Einmalzahlung und unbefristeter Laufzeit. Tritt kein persönlicher
oder gesamtwirtschaftlicher Notfall ein, kann das physische Gold ohne
weitere Kosten an nachkommende Generationen weitergegeben werden.
Erhöhte Vorsicht ist jedoch bei Papiergold das Gebot der Stunde. Im
Zuge der jahrelangen Rally hat sich dieser Markt enorm aufgebläht und
es besteht die reale Gefahr, dass sich bei den Anbietern ein paar
schwarze Schafe unter die vielen weißen gemischt haben, die es mit
der Deckung durch physisches Gold nicht ganz so ernst genommen haben,
wie in ihren Hochglanzbroschüren versichert wurde.
Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass der jüngste Preiskollaps viele
Investoren verunsichert hat, was zu massiven Kapitalabflüssen aus
Papiergold-Produkten führen sollte. Um an das nötige Cash für die
Auszahlungen zu kommen, werden sich viele Anbieter von Papiergold von
ihren physischen Beständen trennen müssen, was weiteren Druck auf den
Goldpreis ausüben würde. Womit die Negativspirale in Gang gesetzt
wäre.
Eine längere Phase sinkender Goldpreise ist die Nagelprobe, ob
tatsächlich bei allen Anbietern von Papiergold genug physische
Bestände hinterlegt sind. Wo das nicht der Fall ist, wird sich diese
Tatsache dann nicht mehr verheimlichen lassen - der Goldsektor hätte
einen Skandal à la Enron oder Worldcom. Die darauf folgende
Vertrauenskrise in Papiergold würde die Kapitalabflüsse noch weiter
verstärken und den Markt mit den Beständen der ehrlichen Anbieter
fluten. Der von den Goldverfechtern propagierte Run auf physisches
Gold inklusive Preisspitzen weit jenseits der bisherigen Rekordwerte
erscheint unter diesem Blickpunkt höchst unwahrscheinlich.
In diversen Internetforen der Goldbefürworter häufen sich übrigens
die Meldungen, wonach die Notenbanken den jüngsten Kursrutsch des
Edelmetalls ausgelöst hätten. Klingt nach Weltverschwörung, ist aber
keineswegs auszuschließen. Schließlich ist hinlänglich bekannt, dass
die Notenbanken auch an den Devisenmärkten mitunter aktiv werden.
Auch Gold ist per Definition offiziell eine Währung. Nur eben eine,
die niemandem gehört - außer dem, der sie physisch besitzt.
Quelle: APA-OTS Originaltext, Aussender: WirtschaftsBlatt Medien GmbH
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